2010-10-06

Bullenopfer - der Albtraum.

Vogelperspektive: 

Die Einzäunung des Bahnhofsvorplatzes am Nordausgang wird vorbereitet. Um die Mahnwache stehen drei Reihen Bewacher, fest untergehakt. Davor blockieren einige Hundert im sitzen. Vom Pariser Platz aus dringen langsam die Polizeihundertschaften mit zwei Wasserwerfern im Rücken in die ca. 5000 Menschen starke Demonstrantengruppe vor, die laut schreiend und lärmend auf dem Vorplatz steht. Vom Bauzaun her werden die Hamburger Gitter Meter um Meter vorverlegt. In der schwarzen Masse der voll ausgerüsteten Polizeieinsatzkräfte ist deutlich ein einzelner Glatzkopf ohne Helm auszumachen. Dieser schiebt sich langsam nach vorne bis in die zweite Reihe. Dann, als der schwarze Polizeiblock in die Nähe der Mahnwache kommt, bildet die Gruppe um den Glatzkopf einen Keil und stößt einige Meter weit in die Menge der Demonstranten hinein, bis kurz vor die sitzenden Blockierer. Diese werden sofort mit Knüppeln und Tränengas bearbeitet. Die etwa zehnköpfige Kampfspitze der Polizei um den Glatzkopf hat sich aber offenbar zu weit vorgewagt, denn die von der Seite her schiebenden Demonstranten haben die Polizisten nun eingekreist. Es kommt zum Handgemenge, und plötzlich ist der Glatzkopf verschwunden. Gleichzeitig setzt starker Wasserwerferbeschuss ein, sodass sich der Stoßtrupp wieder zurückziehen kann. Nachdem sich die Situation wieder etwas beruhigt hat, ist zu erkennen, dass weiter hinten in dem schwarzen Polizeiblock zwei verletzte Personen weggeschafft werden. Eine dieser beiden Personen trägt die schwarze Polizei-Rüstung, aber keinen Helm. Seine Glatze ist blutverschmiert. Die andere Person trägt Jeans und einen grünen Pullover.

Die Polizei berichtet später, ein Polizist sei von einem Demonstranten mit einem Küchenmesser erstochen worden und nennt als Beweis die Fingerabdrücke des Demonstranten auf der sichergestellten Tatwaffe. Der Demonstrant ist kurz darauf im Krankenhaus den Verletzungen, die er sich während der Festnahme zugezogen hatte, erlegen, ohne noch einmal zu Bewusstsein gekommen zu sein.

Demonstranten schildern den Vorfall so, dass die Polizei bei ihrem Vorstoß alle Umstehenden gezielt mit Pfefferspray geblendet und mit Knüppeln und Fäusten auf diese eingeschlagen hatte, sodass diese keine verwertbaren Aussagen machen können. Videoaufnahmen zeigen den Vorstoß der Polizei wegen der Bäume und des Wassernebels ebenfalls nur undeutlich. Man kann den vorrückenden Keil der Polizei erkennen, auch, wie ein einzelner Demonstrant in die Mitte dieser Gruppe gezerrt wird. Im selben Moment verschwinden Demonstrant und Glatzkopf gleichzeitig, und die Gruppe zieht sich wieder zurück.

Während die Gegner von Stuttgart 21 noch über den genauen Hergang rätseln, und sich Betroffenheit und Verschwörungstheorien die Waage halten, fordern Polizeiführung und Landesregierung ein sofortiges Demonstrationsverbot für Stuttgart. Endlich - so glaubt man zu hören - ist auf der richtigen Seite Blut geflossen, und die Hardliner sehen sich in ihrem harten Durchgreifen endlich bestätigt.

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